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Polkörperdiagnostik (PKD)

Chromosomenfehlverteilungen tragen maßgeblich zum Verlust von Embryonen vor und nach der Implantation bei.

Zahlreiche Studien belegen, dass das Implantationsversagen von Embryonen sowohl nach natürlicher Empfängnis als auch nach erfolgter IVF bzw. ICSI – Therapie sowie das Auftreten von Aborten im ersten Drittel der Schwangerschaft zu einem erheblichen Anteil auf spontan entstandene Chromosomenfehlverteilungen zurückzuführen ist. Für die IVF/ICSI - Behandlung liegt daher der Gedanke nahe, durch eine Polkörperdiagnostik Eizellen mit möglichen Chromosomenfehlverteilungen vom Befruchtungsvorgang auszuschließen und damit den Anteil transferierter Embryonen mit einem normalen Chromosomensatz maßgeblich zu erhöhen.

Es besteht die Möglichkeit, im Rahmen der bei Ihnen geplanten IVF – oder IVF /ICSI – Behandlung eine zusätzliche Untersuchung an Ihren Eizellen durchzuführen, die als Polkörperdiagnostik bezeichnet wird. Eine derartige Untersuchung kann Aufschluss über die Qualität Ihrer Eizellen geben und die Aussichten auf Erfolg Ihrer Behandlung verbessern.

Die Polkörperdiagnostik bietet derzeit unter Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland die einzige Möglichkeit zu einer chromosomalen/genetischen Untersuchung an befruchteten Eizellen. Die nachfolgenden Informationen sollen Ihnen einen Überblick über dieses spezielle Diagnoseverfahren vermitteln und erklären, was es für Sie bedeutet, wenn Sie sich für diese zusätzliche Untersuchung entscheiden.

 

Was ist Polkörperdiagnostik (PKD)?

Während ihres Heranreifens muss die Eizelle 2 Reifeteilungen durchlaufen. Ein zunächst zweifach vorhandener Chromosomensatz wird bei der 1. Reifeteilung gleichmäßig auf die Eizelle und den 1. Polkörper verteilt, der in den perivitellinen Raum, also den Bereich zwischen der Eizelle und der Hülle, welche die Eizelle umgibt (Zona pellucida), ausgeschleust wird. Die Eizelle ist danach im reifen Stadium und bereit, durch das Eindringen einer Samenzelle, befruchtet zu werden. Im Anschluss erfolgt die 2. Reifeteilung, bei der jedes Chromosom in zwei Chromatiden gespalten wird. Die Chromatiden werden nun abermals gleichmäßig auf die Eizelle und den 2. Polkörper verteilt, der dann ebenfalls ausgeschleust wird.

Im Normalfall ist die Anzahl der Chromosomen in den Eizellen und in den zugehörigen Polkörpern gleich. Es ist jedoch bekannt, dass chromosomale Verteilungsfehler während der Reifeteilung auftreten können, die zu numerischen Chromosomenanomalien (Aneuploidien) in den betroffenen Eizellen führen. Wenn eine derartige Chromosomenfehlverteilung auftritt, dann ist die Anzahl der Chromosomen in den Eizellen und in den zugehörigen Polkörpern ungleich. Aktuelle wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Eizellen von Patientinnen im Alter > 35 Jahre eine Chromosomenfehlverteilungsrate von über 50% aufweisen (Pellestor et al., Hum Genet 112, 2003). Das bedeutet, dass von vorneherein über die Hälfte der Eizellen nicht in der Lage ist, eine gesunde Schwangerschaft hervorzubringen. Dies ist als einer der Gründe dafür zu werten, dass bei Frauen mit zunehmendem Lebensalter die Chance für den Eintritt einer Schwangerschaft sinkt, während gleichzeitig das Risiko chromosomal bedingter Fehlgeburten bis hin zur Geburt eines Kindes, welches von einer Chromosomenstörung ( z.B. Down-Syndrom ) betroffen ist, ansteigt. Relevant sind hierbei vor allem Aneuploidien ( Fehlverteilungen ) der Chromosomen 13, 15, 16, 18, 21 und 22 (Wieacker et al., Reproduktionsmedizin 18, 2002). Hauptsächlich werden diese Anomalien auf chromosomale Fehlverteilungen zurückgeführt, die in den Eizellen überwiegend während der 1. Reifeteilung stattfinden (Abruzzo und Hassold, Environ Mol Mutagen 25, 1995).

Beide Polkörper können nach Öffnung der Eizellhülle mittels eines speziellen, für die Eizelle ungefährlichen Lasers durch eine Biopsie aus der Eizelle entnommen und einer FISH-Analyse (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) unterzogen werden. Mit dieser Untersuchungsmethode können die Chromosomen- bzw. Chromatidensätze in den Polkörpern überprüft und damit Rückschlüsse auf den in der Eizelle verbliebenen Chromosomensatz gezogen werden. Eizellen mit chromosomalen Abweichungen können so identifiziert werden. Diese Information ist sehr wertvoll, da es bei den Reifeteilungen zu Fehlverteilungen der Chromosomen (Aneuploidie) kommen kann. Etwa 95% aller Verteilungsfehler entstehen bei der 1. Reifeteilung, also bei der Bildung des 1. Polkörpers und nur wenige (ca. 5%) bei der Bildung des 2. Polkörpers (2. Reifeteilung).

Häufig gehen die aus aneuploiden Eizellen entstandenen Embryonen bereits vor oder kurz nach der Einnistung in der Gebärmutter zugrunde. In einigen Fällen können jedoch ausgeprägte Fehlentwicklungen die Folge sein. So wird z. B. Mongolismus (Down-Syndrom) durch das dreifache Vorliegen des Chromosoms 21 verursacht. Chromosomenstörungen bei Embryonen sind zu 80 % eizellbedingt, zu 20% beruhen sie dagegen auf Fehlverteilungen in den Samenzellen. Der Anteil aneuploider reifer Eizellen steigt bei Frauen nach dem 35. Lebensjahr stark an. Bei über 40-jährigen Frauen beträgt der Anteil dieser Eizellen bereits 50 bis 70 %. Für diese Frauen ist die Chance des Eintretens und des komplikationsfreien Austragens einer Schwangerschaft deutlich vermindert.

Die Polkörperchendiagnostik (PKD) ist ein international etabliertes, erfolgreich eingesetztes diagnostisches Verfahren zur Vermeidung der Übertragung von genetisch nicht intakten Embryonen. Die Entnahme der beiden Polkörper ist bei sachgemäßer Durchführung für die Eizelle und deren weitere Entwicklung ungefährlich und erfolgt wenige Stunden nach Durchführung der IVF bzw. ICSI. Wir weisen jedoch darauf hin, dass die Entnahme des 2. Polkörpers nicht immer möglich ist, da dieser oft noch fest mit der Eizellmembran verbunden ist und dann ohne Schädigung der Eizelle nicht entnommen werden kann. Die Auswertung der Untersuchung der entnommenen Polkörper erfolgt erst am darauf folgenden Tag. Im Labor werden dann die genetisch einwandfreien Eizellen für den Transfer weiter kultiviert.

Statistisch bedeutsam sind vor allem Fehlverteilungen der Chromosomen 13, 16, 18, 21 und 22. Diese werden bei einer routinemäßig durchgeführten FISH-Untersuchung im Rahmen der PKD erfasst. Je nach genetischer Ausgangssituation des Paares können aber auch verschiedene andere Chromosomen analysiert werden.

Zahlreiche Untersuchungen im Tiermodell und auch beim Menschen haben gezeigt, dass keine Schädigungen von Embryonen, die aus biopsierten Eizellen hervorgingen, zu beobachten waren. Die Untersuchungen mit der FISH-Technik umfassen wie erwähnt i. d. R. nur die Chromosomen 13, 16, 18, 21, und 22. Eine Fehlverteilung der übrigen Chromosomen kann demzufolge nicht ausgeschlossen werden. Kann der 2. Polkörper aus bereits genannten Gründen nicht entnommen werden, besteht ein methodisch bedingtes Restrisiko für weitere nicht erkannte Fehlverteilungen von ca. 5 %. Unabhängig davon wie eine Schwangerschaft zustande kommt, d. h. auch wenn sie auf normalem Wege entsteht, besteht immer ein genetisches Grundrisiko von ca. 3 - 5 % für das Auftreten von kindlichen Fehlbildungen.

Daher empfehlen wir Ihnen trotz der Durchführung der Polkörperdiagnostik im Falle einer Schwangerschaft die verschiedenen vorgeburtlichen Untersuchungen wie Ultraschalluntersuchungen, Bluttests und ggf. genetische Untersuchungen wie z. b. eine Fruchtwasseranalyse, durchführen zu lassen.

Vermeidung der Übertragung von Embryonen mit Chromsomenfehlverteilungen, die nicht zu einer Schwangerschaft führen oder die im Falle einer Schwangerschaft mit einer Fehlgeburt enden, die ggf. eine Ausschabung notwendig macht und mit großen seelischen und körperlichen Schmerzen verbunden sein kann.

Prognosestellung für den weiteren Behandlungsverlauf. Aus den Erfahrungen der internationalen Wissenschaft wissen wir, dass Frauen, die ausschließlich Eizellen mit Chromsomenfehlverteilungen hervorbringen, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch in künftigen Behandlungszyklen keine gesunden Eizellen bilden werden. Diese Erkenntnis ist zwar sehr bitter, kann aber dennoch zu der Entscheidung führen, keine weiteren Behandlungsversuche durchzuführen und Kosten auf sich zu nehmen, die in keinem Verhältnis zu den Chancen auf ein gesundes Kind stehen.

In unserem Kinderwunschzentrum führen wir die Polkörperanalyse mittels FISH-Technik in Kooperation mit der Universitätsfrauenklinik Bonn durch.

Die genetische Diagnostik an Eizellen ist nicht Leistungsinhalt der Gesetzlichen (GKV) und nur vereinzelt der Privaten Krankenkassen (PKV). Deshalb kann diese Leistung in der Regel nicht zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Vor der Durchführung der Polkörperdiagnostik ist ein Beratungsgespräch mit einem der behandelnden Ärzte notwendig. Entschließen Sie sich dazu, die Polkörperdiagnostik durchführen zu lassen, so muss eine von Ihnen und dem Arzt unterzeichnete Einverständniserklärung vorliegen.